Eine Deutschlandreise fürs Ohr

“Wir können alles, außer Hochdeutsch.” Das behauptet eine Werbekampagne des Bundeslands Baden-Württemberg. In der Tat werden im Süden Deutschlands Dialekte noch gepflegt. Im Norden dagegen sind sie fast ausgestorben.
Viele Kinder in Baden-Württemberg sprechen kaum Hochdeutsch. Ihre erste “Sprache” ist der Dialekt. Zu Hause unterhält man sich auf Schwäbisch oder Alemannisch. Nicht immer in Reinform: Den Dialekten wird oft Hochdeutsch beigemischt.

Nord-Süd-Gefälle
Damit ist Baden-Württemberg exemplarisch für den Süden Deutschlands, denn hier wird heute noch viel Dialekt gesprochen – wenn auch weniger als früher. Ein Dialekt ist fast wie eine eigenständige Sprache. Wer nicht mit ihm aufgewachsen ist, muss ihn regelrecht lernen und meist bleibt ihm ein Akzent.

Mundarten spricht man, geschrieben werden sie nur selten. Und normalerweise sind Dialekte regional sehr begrenzt: Ein Friese wird mit dem benachbarten Niederländer besser kommunizieren können als mit seinem bayerischen Landsmann und ein badischer Alemanne kann problemlos Elsässerdytsch verstehen.

Nach Norden hin hat die deutsche Standardsprache die Mundarten schon verdrängt. Nur noch die Älteren können sie. “Die alten Dialekte in Berlin, im Ruhrgebiet oder etwa Sachsen sind ausgestorben”, erklärt Georg Cornelissen vom Bonner Amt für Rheinische Landeskunde.

Denn zwischen diesen Dialekten und dem Hochdeutschen liegen Welten. Sie sind grundverschieden. Essen heißt eeten und fünfzehn ist fofftein. Das klingt eher englisch als deutsch. Irgendwann entschieden sich die Menschen für Hochdeutsch und gegen ihren Dialekt, denn Dialekt war damals gleichbedeutend mit “sozial unten”. Von ihren Mundarten blieb deshalb fast nichts mehr übrig.

Dem Dialekt auf der Spur

Doch die alten Dialekte sind nicht ganz verschwunden. “Denn”, wendet Cornelissen ein und zitiert eine bekannte kölsche Weisheit “niemals geht man so ganz.” Die Dialekte haben vor ihrem Ableben Spuren hinterlassen. Der Berliner sagt noch icke statt ich. Kein Rheinländer sagt basteln, aber jeder kennt frickeln.

Diesen Mix aus Hochdeutsch und Dialekt nennt Cornelissen “Regiolekt”. Im Gegensatz zum reinen Dialekt verstehen ihn weitaus mehr Menschen und er klingt wärmer und direkter als Standarddeutsch. Vielleicht hört man ihn darum so häufig auf Deutschlands Straßen und Plätzen.